Online-Bestellplattformen für individuell gefertigte Metall- und Blechteile gibt es dank Digitalisierung inzwischen viele. Und die haben sich ihren Platz auch zurecht erobert, lassen sich doch Teile und ganze Baugruppen einfach, schnell und rund um die Uhr bestellen. Die Kosten sind dabei sekundenschnell kalkuliert und die fertigten Produkte meist umgehend im Haus. Gleichen sich Angebote und Zusagen der Plattformbetreiber oft, unterscheiden sich die Konzepte dahinter doch erheblich. Während die einen Aufträge lieber vermitteln und dazu auf ein Netzwerk externer Fertigungspartner setzen, vertrauen andere auf ihre Fertigungskompetenz im eigenen Haus oder Firmenverbund. Gibt es den einen Königsweg?
Am eigenen Rechner kalkulieren und bestellen Nutzer der Online-Bestellplattform seit Jahren rund um die Uhr umfangreich bearbeitete Blechteile, die sie in beeindruckender Material-, Farb- und Bearbeitungsvielfalt erhalten, nachdem sie ihre Dateien hochgeladen haben. Eine der ersten Online-Bestellplattformen für Metall- und Blechteile hat ein schwäbischer Fertigungsbetrieb mit großer Erfahrung und beachtlichem Maschinenpark entwickelt. Was H. P. Kaysser aus Nellmersbach nahe Stuttgart 2010 mit inzwischen über 200 Maschinen, rund 500 Mitarbeitenden und allen gängigen Produktionsprozessen ins Rollen bringt und schnell als eigene Marke Laserteile4you in den Markt schickt, rockt umgehend die Branche. Das lässt inzwischen zahlreiche Nachahmer wie Pilze aus dem Boden schießen. Mit einem großen Unterschied: Die meisten vermitteln die auf Knopfdruck erteilten Aufträge, indem sie diese an externe Fertigungspartner durchreichen. Ihre Kompetenz liegt im Bestellhandling sowie in der Auswahl, Beauftragung und Pflege ihres Netzwerks. Andere, wie beispielsweise Laserteile4you, vertrauen auf Fertigungskapazitäten im eigenen Haus oder in eigenen Tochterfirmen.
Von einfachen Kleinstaufträgen zum Millionenmarkt
Sind es in der Anfangszeit der Online-Portale einfache Schritte der Blechbearbeitung und geringe Stückzahlen, hat sich das Geschäft inzwischen zu einem millionenstarken Umsatzbereich mit unzähligen Bearbeitungsverfahren und Materialien entwickelt. Die ursprüngliche Idee der Fertigungsunternehmen dahinter ist einleuchtend: Einzelne Bestellungen in kleinem Umfang und von eher handwerklich oder auch künstlerisch orientierten (Einmal- oder Privat-)Kunden sollen die Serienfertigung großer Aufträge nicht unterbrechen. So wandern diese Aufträge in ein Online-Bestellsystem, die dann bei entsprechenden, freien Kapazitäten abgearbeitet werden. Die Software dafür ist oft individuell programmiert. Es sollte für alle einfacher werden. Der Handwerker kann am Ende des Tages noch Angebote kalkulieren und diese schneller an seine Kunden geben. Der Anbieter ist rund um die Uhr erreichbar und schafft sich eine automatisierte Struktur, mit der er auch solchen Kleinstaufträgen gerecht wird, ohne seine Kapazitäts-Auslastung und seinen Vertriebsaufwand zu schmälern.
Gewissenhafte Fertigungsunternehmen wie die Schwaben haben jedoch das Potenzial schnell erkannt. Und so sind die Systeme mit eigenen Programmen inzwischen dermaßen ausgereift, dass eine Order nicht nur sekundenschnell kalkuliert und für den User sichtbar ist, sondern auch nach Terminwunsch der Bestellenden und Fertigungsmöglichkeiten des Herstellers eingeplant und zugesagt wird. Dazu müssen lediglich Zeichnungs- oder CAD-Daten hochgeladen werden. Die führenden Anbieter sichern ihren Bestellkunden dabei nach Wunsch flexible Lieferzeiten von wenigen Tagen bis zu drei Monaten zu. Was so professionell aufgezogen ist und reibungslos funktioniert, macht inzwischen für viele Hersteller einen bedeutenden Teil ihres Geschäftsmodells aus.
Funktioniert der „Amazon-Gedanke“ auch bei Metallteilen?
Da ist es nur logisch, dass findige Nachahmer das Geschäftsmodell adaptieren und weiterentwickeln. Und natürlich inspiriert viele der „Amazon-Gedanke“, eine Bestellplattform einzurichten, ohne eine eigene Fertigung im Hintergrund zu betreiben. Sie suchen sich Fertigungs- und Lieferpartner, die die bestellten Teile herstellen und ausliefern. Hierzu bedarf es zunächst auch keiner Unternehmen, die mit großer Erfahrung und Kompetenz alle Verfahren und Finessen der Blechbearbeitung beherrschen. Es genügen Spezialisten für einzelne Prozesse und Verfahren mit entsprechender IT und die Ergebnisse sind je nach Bedarf und in mehr oder weniger guter Qualität verfügbar.
Mit wachsender Anzahl an Online-Bestellplattformen und der steigenden Nutzung verändern sich auch die Nutzer und deren Ansprüche und Wünsche. Aus den anfänglichen Klein-Gewerbetreibenden und Privatpersonen werden zunehmend Industriebetriebe, aus Einzelteilen und Mindermengen immer öfter kleine und mittlere Serien. Und aus einfachen Prozessen und Blechteilen inzwischen komplex bearbeitete Werkstücke und sogar anspruchsvolle Baugruppen. Das Modell ist im B2B-Bereich angekommen und dort nicht mehr wegzudenken. Fertiger wie H. P. Kaysser stellen fest, dass auch die Bestandskundschaft die eigene Online-Plattform Laserteile4you für bestimmte Aufträge nutzt und gerne der bewährten Qualität vertraut.
Mit der Vielfalt steigt die Komplexität, die es zu beherrschen gilt
So wird auch die Software hinter den Bestellplattformen immer leistungsfähiger. Kommerzielle Programmanbieter treten auf den Markt und stellen sich den vielschichtigen Anforderungen einer digitalen Auftragsbearbeitung. Was hochprofessionelle Fertigungsunternehmen gerne nutzen, weil sie zeigen können, was alles möglich ist. Die besten von Ihnen vertrauen jedoch meist weiter ihrer eigens programmierten Software, weil diese natürlich Maschinen und Prozesse im Haus besser abbilden und anbinden kann. So werden die online erteilten Aufträge auch ideal in den eigenen Fertigungsverbund eingetaktet, Kunden- und Terminwünsche können optimal berücksichtigt werden.
Aus den einfachen Bearbeitungsschritten sowie den Laserzuschnitten früherer Zeiten ist inzwischen ein riesiges Spektrum an Materialien, Verfahren und komplexem Zusammenspiel mehrerer Prozesse geworden. Die User freut es, können sie doch auswählen aus Stahl, Edelstahl, Aluminium, Kupfer oder Messing und mehr. Bei den besten ordern sie schnell und einfach individuelle Metallzuschnitte, Laser- und Stanzlaserteile, Biege- und Rohrlaserteile, Brennzuschnitte aus dicken Blechen und mehr. Hinzu kommen unzählige weitere Bearbeitungsschritte wie Entgraten, Richten, Bohren, Senken, Gewindeschneiden, Reiben, Einpressen, Bolzenschweißen. Auch zahlreiche Oberflächenbehandlungen wie Pulverbeschichten, Grundieren, KTL-Beschichten oder galvanisches Verzinken sind genauso online bestellbar, wie Laserbeschriften, Schweißen und das Diskusschleifen von Brennzuschnitten. Aus früher bearbeiteten 2D-Platinen sind schon lange 3D-Bauteile und komplexe Werkstücke geworden.
Können Logik und sinnvolle Konstruktion geprüft werden?
Mögen die Möglichkeiten der Software keine Grenzen kennen und die Maschinen tapfer alles erledigen, bleiben bei dieser Vielfalt und Komplexität Fragen offen: Wer prüft Logik, Sinnhaftigkeit und Machbarkeit der hochgeladenen Zeichnungen oder Daten? Wer beurteilt in der Arbeitsvorbereitung, in welcher Reihenfolge welche Prozessschritte durchlaufen werden? Kennt der Konstrukteur, der die Zeichnung oder die Daten erstellt, alle aktuellen Möglichkeiten? Ist er auf der Höhe der Zeit? Gibt es eine übergeordnete Instanz, die die wirtschaftliche und fertigungstechnische Sinnhaftigkeit beurteilt? Bemerkenswert ist hier auch schon die Leistung der KI (Künstliche Intelligenz). So prüft Laserteile4you mit einem gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut entwickelten KI-Tool, ob ein Teil, das pulverbeschichtet werden soll, auch über eine für dieses Verfahren notwendige Aufhängemöglichkeit – also ein Loch für den Haken – verfügt. Aber geht es gänzlich ohne prüfende Blicke eines Experten?
Wer beispielsweise schon einmal komplexe Kantteile konstruiert und bestellt hat, der weiß wie wichtig es ist, dass auch ein erfahrener Fachmann das Teil beziehungsweise die Zeichnung vor der Fertigung beurteilen kann – und erst recht das Ergebnis nach der Herstellung. Umso wertvoller ist das, wenn die georderten Bauteile wichtige Funktionen in den Produkten, Aggregaten oder Maschinen der Besteller erfüllen müssen. Hier ist die logische Beurteilung durch erfahrene Experten wünschenswert. Kann ein Anbieter hier über die Online–Möglichkeiten hinaus unterstützen und beispielsweise auch konstruktive sowie fertigungstechnische Möglichkeiten oder Verbesserungen aufzeigen, sorgt das bei Kunden für mehr Vertrauen und Sicherheit.
Zugriff auf Fertigung schafft Terminflexibilität
Für die Mittler unter den Online-Portalen steigen mit der Komplexität und den Möglichkeiten der bestellbaren Teile und Verfahren Sorgfalt und Verantwortung bei der Auswahl der Fertigungs- und Lieferpartner. Und kommt dann noch die Flexibilität bei der Terminplanung hinzu, stellt sich die Frage, wie weit er auf seine Partner zugreifen kann, um den Kundenwünschen bezüglich Kapazitäten und Slots zu entsprechen. Anbieter mit eigener, leistungsstarker Fertigung im Hintergrund mögen hier mutmaßlich im Vorteil sein.
Beim Kundenverhalten lässt sich feststellen, dass die Anforderungen an Fertigungsqualität, Toleranzen und Lieferzuverlässigkeit steigen, je komplexer die Teile sind. Das leuchtet auch ein, gibt man doch immer mehr Wertschöpfung außer Haus. Und wenn das gefertigte Teil im eigenen Produkt benötigt wird, ist die Termin- und Lieferzuverlässigkeit immer wichtiger. Schließlich leidet bei Verzögerungen auch das Terminversprechen des Onlinebestellers gegenüber seinen Kunden. Hinzu kommt, dass die Coronazeit mit gestörten oder zusammengebrochenen Lieferketten den Fokus auf Lieferzuverlässigkeit verschärft hat.
Fazit: Online-Bestellplattformen sind angekommen um zu bleiben
Nahezu 15 Jahre lassen sich nun schon Metall- und Blechteile online bestellen. Weil Material- und Bearbeitungsvielfalt dabei enorm gewachsen sind, haben sich die Plattformen inzwischen im B2B-Bereich ihren Platz erkämpft und verdient. Das bestätigt auch die große Auswahl an Anbietern, auf die Nutzer zugreifen können. Die können zwischen Mittlern und Machern wählen. Welches Konzept das richtige ist, darf jeder für sich entscheiden. Hilfreich ist es für Nutzer, die eigenen Präferenzen hinsichtlich Vielfalt, Qualität, Toleranzen sowie Termintreue, Lieferzuverlässigkeit und Expertenblick festzulegen. Und wer sich unsicher ist, kann ja vor der Online-Bestellung Kontakt aufnehmen und so eventuell das entscheidende Quantum an Sicherheit und Vertrauen gewinnen.
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